Fluorchemikalien: PFAS-Beseitigung als lukratives Geschäftsmodell

PFAS zählen zu den größten Chemikalienproblemen des Jahrhunderts. Unternehmen wollen die schädlichen Fluorchemikalien mit neuen, günstigen Methoden entschärfen.

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Ein Industriegebiet in Grand Rapids, Michigan: Die Firma Revive Environmental lädt zur Betriebsbesichtigung ein – und präsentiert Unappetitliches aus dem Labor: ein Plastikgefäß mit einem wässrigen Konzentrat, das PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) enthält. Beim Schütteln wabert die trübe Brühe hin und her wie Ahornsirup. In der Umwelt hingegen sind die Fluorchemikalien praktisch unsichtbar. Meist denkt man daher nur kurz an sie, etwa wenn sie als "Ewigkeitschemikalien" oder "Jahrhundertgift" in den Schlagzeilen auftauchen. Doch anders als der allgegenwärtige Plastikmüll in der Landschaft sind sie auch schnell wieder vergessen.

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Zur Stoffgruppe der PFAS zählen Tausende chemische Verbindungen, die Umwelt und Gesundheit gefährden. Seit Jahrzehnten werden sie als Hilfsmittel in der Industrie und – da wasser-, fett- und schmutzabweisend – für unzählige Produkte eingesetzt: von Pizzakartons über Textilien, Dichtungen, Kältemittel und Feuerlöschschäume bis hin zu künstlichen Herzklappen. Weil sie äußerst robust sind, reichern sie sich in der Umwelt an und haben sich bereits überall auf der Welt verteilt. Fast alle Menschen haben sie im Körper, vor allem Kinder oft in bedenklich hohen Dosen. Die möglichen Folgen reichen von Störungen des Immunsystems bis zu Krebserkrankungen.

Da klingt die Idee gut, die Stoffe – wo immer es möglich ist – aus Böden und Gewässern wieder herauszuholen und zu zerstören. Um den letzten Schritt, ihre Vernichtung, kümmern sich Revive und immer mehr Unternehmen weltweit. Sie wollen die äußerst stabilen Kohlenstoff-Fluor-Bindungen, die das Rückgrat der Fluorchemikalien bilden, möglichst effizient und kostengünstig knacken. Dabei setzen sie auf Wärme, Druck und Katalysatoren; auf Ultraschall, UV-Licht oder Plasma-Lichtbögen. Manche Forschungsgruppen prüfen zudem, ob Baumpilze als PFAS-Vernichter taugen. Einige Methoden werden in Feldversuchen getestet, andere in Pilotanlagen, viele funktionieren bisher nur im Labor. Aktuell ist die thermische Zersetzung in geeigneten Müllverbrennungsanlagen die Methode der Wahl. Sie erfordert allerdings einen hohen Transportaufwand, Temperaturen um 1000 Grad Celsius und eine aufwendige Abgasbehandlung. Im Idealfall bleiben von den PFAS nur Kohlendioxid und harmlose Sulfat- und Fluoridsalze übrig, ähnlich jenen in der Zahnpasta.