Zahlen, bitte! Für 60.300 Dollar mit Überschall über den Atlantik

Am 24. Oktober 2003 startete das Überschallflugzeug Concorde zu seinem letzten Flug von New York nach London. Damit ging die Ära des Überschallflugs zu Ende – vorerst.

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Zahlen, bitte! Für 60.300 Dollar mit Überschall über den Atlantik
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"3, 2, 1 – meins", das hat sicherlich der Amerikaner David Hayes gehofft, als er bei eBay sein Gebot abgab. Und er hatte Glück! Für 60.300 Dollar konnte er zwei Tickets für den letzten Flug des Überschallflugzeugs Concorde für seine Frau Patty und sich ersteigern.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Für die zwei Bewohner Toledos sollte es somit am 24. Oktober 2003 in der British-Airways-Maschine von New York nach London gehen, in 3,5 Stunden. Hayes konnte sich dabei ganz besonders freuen, denn seine zwei Tickets waren die einzigen verfügbaren für Fluggäste ohne explizite Einladung. Die anderen 98 Plätze besetzten Persönlichkeiten wie Joan Collins, David Frost und Bernie Ecclestone.

"Es ist die Reise meines Lebens", sagte Hayes damals. Als begeisterter Luftfahrt-Fan war das bereits sein vierter Flug mit der Concorde. Im Ticketpreis inbegriffen waren Hotelübernachtungen sowie ein normaler Rückflug. Mit ihrem letzten Flug brachte die Concorde zugleich eine 27-jährige Geschichte zu Boden: Sie begann, als man das Flugzeug 1976 für kommerzielle Flüge in den Liniendienst überstellte. Einzige Abnehmer waren damals die Fluggesellschaften Air France und British Airways. Ursprünglich bot Air France auch Flüge nach Südamerika an. Nach Singapur und Bahrein ging es mit British Airways. Letztlich konnten sich nur die Linien Paris – New York und London – New York halten, die ab 1977 jeweils zwei Mal täglich von den Flughäfen Paris-Charles-de-Gaulle und London-Heathrow zum John F. Kennedy International Airport in New York eingerichtet wurden. Die Concorde erreichte dabei die doppelte Schallgeschwindigkeit, also knapp 2500 Kilometer pro Stunde.

Eine ausgestellte Concorde auf dem Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle.

(Bild: Henrysalome / Wikimedia Commons / cc-by-2.5)

Trotz der beeindruckenden Reisegeschwindigkeit und ihrer Symbolkraft als technischer Fortschritt in der kommerziellen Luftfahrt konnten die Überschalljets nie so recht profitabel werden. Die Ticketpreise lagen zum Ende ihrer Betriebszeit bei rund 8700 Euro (Paris – New York hin und zurück) und damals knapp 4000 britische Pfund (London – New York hin und zurück). Die Auslastung ging im Laufe der Zeit immer weiter zurück, was von einem insgesamt sinkenden Passagieraufkommen bei Flugverkehr über den Atlantik herrührte. Die Unterhaltskosten stiegen jedoch.

Die wirtschaftlichen Zeichen sahen also nicht rosig aus, als sich schließlich am 25. Juli 2000 das einzige Unglück einer Concorde ereignete. Nach dem Start eines Air France-Flugs zerfetzte ein auf der Fahrbahn liegendes Metallteil einen Reifen des Flugzeugs. Die hochschleudernden Gummiteile beschädigten die Tragflächen. Es kam zur Explosion und schließlich zum Absturz im Pariser Vorort Gonesse. Der Unfall mit 113 Toten warf dunkle Schatten voraus. Der Entzug der Typenzulassung durch die französischen und britischen Luftfahrtbehörden erfolgte unmittelbar danach im August. Die 16 gebauten Concordes hatten damit keine Starterlaubnis mehr. Trotz der Wiederaufnahme des Flugbetriebs und einer technischen Überarbeitung der Concorde entschieden sich British Airways und Air France im April 2003 für das Ende der Concorde und damit des kommerziellen Überschallflugs. Die letzte, geflogene Concorde ist übrigens seit dem 17. Oktober 2017 im Museum "Aerospace Bristol" in Großbritannien zu sehen.

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Mit der Landung der Concorde in London am 24. Oktober 2003 ging die Ära des Überschallflugs zu Ende – vorerst. Denn mittlerweile erlebt diese rasante Fluggeschwindigkeit für die kommerzielle Luftfahrt wieder so etwas wie eine kleine Renaissance. So arbeiten Start-ups als auch größere Unternehmen am Neuentwurf der Überschalljets. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beispielsweise entwickelt den "SpaceLiner", der wie ein Spaceshuttle senkrecht starten und bis knapp vor die Weltraumgrenze beschleunigen soll. Im Gleitflug soll es von dort dann mit bis zu zwanzigfacher Schallgeschwindigkeit aufs Ziel zugehen. Beim DLR rechnet man mit einer Inbetriebnahme um 2050.

Die Entwicklungen des US-Unternehmens Boom scheinen da greifbarer Zukunft. Ende 2018 will es mit einem kleinen Testflugzeug abheben. Die Vision der Firma ist aber ein 55-sitziger Überschalljet, der Mach 2,2, also mehr als die doppelte Schallgeschwindigkeit erreichen soll. Außerdem arbeitet die Nasa zusammen mit Lockhead Martin an dem Forschungsprojekt QueSST (Quiet Supersonic Technology). Dabei geht es vor allem darum, neue Flugrouten zu erschließen, indem der Überschallknall reduziert werden sollen und so weitere Flughäfen als Landepunkte angeflogen werden können. Schließlich will auch die US-Firma Aerion mit ihrem zwölfsitzigen Businessjet AS2 beim künftigen Überschallflug mitmischen. Aerion setzt dabei auf ein ganz neues Design. Man darf also gespannt sein, wie es für das Reisen schneller als der Schall weitergeht.

Von Überschall und Unvernunft (13 Bilder)

Das DLR arbeitet an einem neuen Überschallflugzeug. Der SpaceLiner sieht eher aus wie eine Rakete. Der untere Teil dient vor allem als Treibstofftank, wird vor dem Gleitflug ausgekoppelt und soll wieder zu Boden gleiten.
(Bild: DLR)

(jle)