Reddit: Geschäftsführer geht in die Offensive, Drohung an Moderatoren

Weite Teile von Reddit sind weiter nicht öffentlich. CEO Steve Huffmann versichert nun, dass die Plattform nicht einknicken werde. Und es gibt eine Drohung.

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Gesperrtes Subreddit /r/funny auf einem Tablet

(Bild: mapush/Shutterstock.com/heise online)

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Vier Tage nach Beginn von plattformweiten Protesten geht der Geschäftsführer von Reddit in die Offensive. In mehreren Interviews hat Steve Huffman am Donnerstag versichert, dass sein Unternehmen an den kritisierten Plänen für die Zugriffe per API festhalten werde und Regeländerungen angekündigt, mit denen renitente Moderatoren und Moderatorinnen ausgetauscht werden könnten. Das wiederum ist für die Protestierenden eine rote Linie. Sollte Reddit das tatsächlich machen, dürfte der Konflikt weiter eskalieren. In einem mit Daten gespickten Statement versichert Reddit aber derweil, dass die Auswirkungen des Protests nicht dramatisch sind, ein Großteil der Plattform funktioniere normal.

Im Rahmen des Protests waren am Montag und Dienstag die meisten sogenannten Subreddits von den unbezahlten Moderatoren auf nicht öffentlich geschaltet worden, um ein Zeichen gegen die hohen Preise zu setzen, die Reddit bereits ab Juli für API-Zugriffe verlangen will. Drittanbieter-Anwendungen sind auf die API angewiesen und wegen der hohen damit verbundenen Kosten und der besonders kurzfristigen Ankündigung der Preise stellen die meisten den Dienst ein. Das erschwert vor allem auch den Mods ihre Arbeit bei der Moderation der Communitys, weil viele dafür hilfreiche Werkzeuge in der offiziellen App nicht verfügbar sind. Inzwischen sind große Teile der Plattform zwar wieder einsehbar, mehrere Tausend Subreddits bleiben aber geschlossen, darunter auch viele besonders beliebte.

Gegenüber NBC News macht Huffman nun deutlich, dass ihm die Macht der Moderationsteams zu weit geht und übt zumindest subtile Kritik daran, wie die überhaupt in ihre Position kommen und diese behalten. Als Politiker oder Unternehmenschef sei man den Menschen gegenüber verantwortlich. Man müsse gewählt werden, beziehungsweise könne von den Anteilseignern gefeuert werden. Moderatoren auf Reddit seien eher mit dem "Landadel vergleichbar". Wer zuerst da sei, dürfe auch da bleiben und den Posten an die Nachkommen weitergeben: "Das ist nicht demokratisch". Angesichts der essenziellen Arbeit, welche diese aber für Reddit erledigen – indem sie etwa Spam entfernen – dürfte dieser Vergleich dort nicht gut ankommen.

Huffman geht aber noch weiter. Während er in dem Interview Regeländerungen für die Plattform ankündigt, damit User Moderatoren leichter abwählen können, hat ein Sprecher The Verge erklärt, dass auch Reddit selbst renitente Moderatoren absetzen könnte. Wenn ein Subreddit im Rahmen des Protests unzugänglich gemacht werde, würden die Moderatoren gegen die Regeln verstoßen, meinte er. Nur um aber gleich hinterherzuschieben, dass es nicht um die Proteste gehe. Die Inkohärenz verdeutlicht, für wie schwierig der erzwungene Austausch von Moderatoren gehalten wird. Einer der Organisatoren des Protests erklärte, für ihn und viele Teilnehmenden wäre der erste bestätigte Fall die rote Linie, die ihn überzeugen würde "alles niederzubrennen und Reddit komplett zu verlassen".

Gegenüber NPR hat Huffman derweil versichert, dass der Konflikt mit den Entwicklern von Drittanwendungen gar nicht so groß sei. Außer mit Apollo und Rif is fun verhandle man mit allen weiter; beispielsweise könnte man die Übergangsfrist zur Einführung der API-Preise verlängern. Warum die überhaupt so kurz ist, konnte er The Verge derweil nicht erklären. Dort sagte er aber, dass es einfach nicht fair sei, dass Apps wie Apollo nicht für den API-Zugang bezahlen. Es handle sich um Konkurrenzangebote, welche die Inhalte kostenfrei zugänglich machen würden, die man selbst mit Werbung finanziere. Apollo-Entwickler Christian Selig hatte aber bereits darauf verwiesen, dass Werbung über die API einfach nicht ausgespielt werde – was ja geändert werden könnte.

Dass Reddits Pläne mit einem geplanten Börsengang zusammenhängen, verneinte Huffman derweil gegenüber NPR. Stattdessen gehe es dabei ums Überleben. Man müsse ein nachhaltiges Unternehmen sein, "ganz egal, ob wir an die Börse gehen oder nicht". Natürlich wäre man gern dort, aber dafür sei die Marktsituation aktuell ohnehin nicht die beste. Deswegen sei das aktuell nicht so wichtig, wie vor ein paar Jahren. Wenn man dafür bereit sei, werde man das machen – und wenn der Markt dafür bereit sei. Dass man Drittanwendungen von einem kostenfreien API-Zugriff habe profitieren lassen, sei dagegen schon immer falsch gewesen. Weil er es aber nicht geändert habe, sei das sein Fehler und er müsse dafür die Verantwortung übernehmen.

Insgesamt legen die Interviews nahe, dass Reddit davon ausgeht, den Konflikt für sich entscheiden zu können. Einem am Donnerstag veröffentlichten Statement zufolge sind 80 Prozent der 5000 größten Subreddits wieder zugänglich. Außerdem würden mehr als 90 Prozent der Handlungen von Moderatoren im Browser oder Reddits Apps vorgenommen, heißt es dort. Drittanwendungen wären damit auch für diese Kernnutzerschaft weniger wichtig als gedacht. Die allermeisten Drittanwendungen würden für die Zugriffe nicht bezahlen und das müsse sich ändern: "Wir sind 18 Jahre alt, ich denke, es ist Zeit, dass wir erwachsen werden und uns wie ein erwachsenes Unternehmen verhalten", meint Huffman. Aktuell sind noch rund 5000 von 8800 Subreddits nicht öffentlich.

(mho)