Das Ende der Dickpics: EU-Richtlinie soll Frauen vor digitaler Gewalt schützen

Die neue Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen soll auch digitale Gewalt EU-weit strafbar machen.

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3 EU-Fahnen auf hohen Stangen, im Hintergrund geht die Sonne auf

(Bild: artjazz/Shutterstock.com)

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Die EU hat einen wichtigen Schritt gegen geschlechtsspezifische digitale Gewalt getan. Eine neue Richtlinie soll EU-weit einen Mindeststandard zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen schaffen. Věra Jourová, Vizepräsidentin für Werte und Transparenz betonte, dass die Richtlinie für alle Frauen in Europa erhebliche Veränderungen bedeutet: "Dies ist ein wichtiger Schritt gegen viele Formen der Gewalt in der realen Welt, bringt aber vor allem tiefgreifende Änderungen für die Online-Welt mit sich, indem bestimmte Formen der Cybergewalt unter Strafe gestellt werden. Es war höchste Zeit, wie die jüngsten Entwicklungen zeigen. Die nicht einvernehmliche Weitergabe von intimen Bildern, darunter KI-generierte Bilder, kann zu psychischen Problemen und in Extremfällen sogar zu Selbstmord führen."

Die neue Richtlinie legt neue Standards für den Schutz, die Unterstützung und den Zugang der Opfer zur Justiz fest. So werden beispielsweise die Mitgliedstaaten verpflichtet, zur Unterstützung von Opfern Hotlines und Krisenzentren für Vergewaltigungen einzurichten. Zudem werden gemäß den neuen Vorschriften die gängigsten Formen von Cybergewalt strafbar sein, so etwa "die nicht einvernehmliche Weitergabe von intimen Bildern (einschließlich Deep Fakes), Cyberstalking, Cybermobbing, frauenfeindliche Hetze und Cyberflashing".

Dies soll insbesondere Opfern dieser Formen der Cybergewalt in Mitgliedstaaten helfen, die diese Taten noch nicht unter Strafe gestellt haben. Ein weiterer Schlüssel zur Bekämpfung von Cybergewalt ist nach Ansicht der EU-Kommission die digitale Kompetenz. Aus diesem Grund sieht die neue Richtlinie auch Maßnahmen zur Entwicklung von Kompetenzen vor, die es den Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, Cybergewalt zu erkennen und zu bekämpfen, Unterstützung zu suchen und diese Gewalt zu verhindern.

"Angesichts der exponentiellen Ausbreitung und der dramatischen Auswirkungen von Gewalt im Internet muss dieses Problem dringend angegangen werden", heißt es in der Pressemitteilung der EU-Kommission. Die Organisation HateAid begrüßt die neuen Richtlinien. Ein Beispiel für das Potenzial dieses Problems ist der Fall von Weltstar Taylor Swift, deren sexualisierte Deepfakes kürzlich im Internet massenhaft verbreitet wurden.

Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid, erklärt: "Geschlechtsspezifische digitale Gewalt ist ein Massenphänomen und Teil eines antifeministischen Backlash. Durch frauenfeindliche digitale Gewalt sollen Frauen erniedrigt, eingeschüchtert und aus dem öffentlichen Diskurs verdrängt werden." Der neue Rechtsrahmen der EU sei dringend erforderlich, da fast jede dritte Frau in der EU bereits Gewalt im Internet erfahren habe.

Bei aller Freude über diesen Meilenstein, gibt es aber auch viel Kritik daran, dass keine Einigung über die von der Kommission vorgeschlagene Kriminalisierung von Vergewaltigung erzielt werden konnte. In 18 von 27 Mitgliedsländern ist aktuell nur dann von einer Straftat die Rede, wenn das Opfer geschlagen oder konkret bedroht wurde.

(igr)