Gegen Kindesmissbrauch und Terrorismus: Telegram gibt Nutzerdaten ans BKA weiter

Entgegen eigener Darstellung kooperiert Telegram laut einem Bericht mittlerweile mit dem BKA. Deutsche Gruppen und Kanäle werden nach Meldung gesperrt.

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(Bild: Justlight/Shutterstock.com)

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Telegram arbeitet offenbar immer stärker mit deutschen Strafverfolgungsbehörden zusammen. Der offiziell in Dubai sitzende Betreiber des umstrittenen Messenger-Diensts hat so offenbar entgegen anderslautender Versprechen an seine User in mehreren Fällen Nutzerdaten an das Bundeskriminalamt (BKA) herausgegeben. Dies berichtet der "Spiegel". Es handelt sich demnach um Informationen über Verdächtige aus den Bereichen Kindesmissbrauch und Terrorismus.

Bei Verstößen gegen andere Straftaten sei es für deutsche Ermittler aber weiterhin schwierig, von Telegram Auskünfte zu erhalten, will das Magazin aus Sicherheitskreisen erfahren haben. Trotzdem bewege sich der Anbieter auf die hiesigen Strafverfolger zu: Lange hätten diese keine Antwort erhalten, wenn sie über eine Bestandsdatenabfrage herausfinden wollten, wer hinter Telegram-Konten steckt, die strafbare Inhalte über den Dienst verbreiten.

Die Betreiber schreiben auf ihrer Webseite nach wie vor: "Bis zum heutigen Tag haben wir 0 Byte Nutzerdaten an Dritte weitergegeben, einschließlich aller Regierungen." Gemeint sein dürften damit aber Inhaltsdaten, da es in dem Absatz um Verschlüsselung geht. In einem halbjährlich aktualisierten Transparenzbericht-Kanal von Telegram sind bisher indes auch keine Datenübergaben an Behörden verzeichnet. Auf eine Nachfrage des "Spiegels" zu diesem Punkt reagierte der Anbieter nicht.

Anfang Februar war es zu einer ersten Videokonferenz zwischen Mitarbeitern von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Führungspersonen von Telegram gekommen. Dem Bericht zufolge fanden mittlerweile zwei weitere Gesprächsrunden statt, an denen auch Vertreter des Bundesjustizministeriums beteiligt gewesen seien.

Telegram habe inzwischen sogar eine E-Mail-Adresse speziell für das BKA eingerichtet, schreibt der Spiegel. Dorthin wendeten sich die Kriminalbeamten, wenn sie in Ermittlungsverfahren auf strafbare Inhalte stoßen, die der Betreiber sperren soll. Mehr als 100 deutsche Kanäle und Gruppen habe das BKA inzwischen an Telegram gemeldet. Nahezu alle seien aus Deutschland tatsächlich nicht mehr erreichbar. Im Februar hatte der Dienst erstmals wichtige Plattformen des Verschwörungserzählers Attila Hildmann auch über die Desktop-App blockiert, weil dieser "gegen lokale Gesetze" verstoßen habe.

Nicht recht vorangekommen ist die deutsche Justiz dagegen in der Auseinandersetzung mit Telegram über die Einhaltung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG). Der Betreiber war lange Zeit nicht für den Empfang offizieller einschlägiger Behördenmitteilungen erreichbar. Daraufhin veröffentlichte das Bundesamt für Justiz (BfJ) Mitte März zwei Anhörungsschreiben wegen NetzDG-Verstößen im Bundesanzeiger. Damit wurde die erforderliche Zustellung fingiert.

Obwohl Geldbußen von bis zu 55 Millionen Euro drohen, hatte sich Telegram bis Ende April zu den vorgebrachten Vorwürfen etwa über ein mangelndes Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Zwischenzeitlich habe die von dem Unternehmen beauftragte Kanzlei um Fristverlängerung gebeten, heißt es in dem Magazinbericht. Auch dieser Aufschub sei am 1. Juni aber abgelaufen.

(mki)