Gorillas: Gericht stoppt Betriebsratswahl in Auslieferungslager

Bei dem nicht mehr ganz so schillernden Start-up hängt weiter der Haussegen schief. Das Landesarbeitsgericht untersagt eine geplante Betriebsratswahl.

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Mitarbeiter des Lieferdienst-Startups Gorillas bestreiken ein Berliner Auslieferungslager und fordern bessere Arbeitsbedingungen.

Proteste vor einem Gorillas-Warehouse im Sommer 2021 in Berlin.

(Bild: Timeckert/Shutterstock.com)

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Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Betriebsratswahl in einem Berliner Auslieferungslager des Lieferdienstes "Gorillas" auf Antrag des Unternehmens gestoppt und vorerst untersagt (Az. 23 TaBVGa 1094/22). Mit einem Eilentscheid vom Mittwochmorgen ordnete das Gericht den Abbruch der für diesen Tag geplanten Wahl an. Zuvor hatte das Arbeitsgericht Berlin die Durchführung der Wahl genehmigt, wogegen Gorillas eine Beschwerte eingelegt hat (Az. 3 BV 12711/21).

Das Start-up Gorillas war mit dem Versprechen angetreten, Lebensmittel "in 10 Minuten" nach der Bestellung in der App nach Hause zu liefern. Dafür beschäftigt das Unternehmen Heerscharen von sogenannten "Ridern", die die Bestellungen meist mit dem Fahrrad an die richtige Adresse bringen. Damit das schnell geht, betreibt Gorillas mehrere "Warehouse" genannte Auslieferungslager im Stadtgebiet.

Inzwischen wird das wegen seiner einst hohen Bewertung im Milliardenbereich als deutsches "Einhorn" gehandelte Start-up aber von einigen Problemen gebeutelt – Inflation, Konkurrenz und der harte Preiskampf im Lebensmittelbereich setzen den Gorillas zu. Die "10" ist inzwischen aus dem Lieferversprechen gestrichen, es mehren sich Zweifel an der Wachstumsstory und Gorillas gilt als Übernahmekandidat. Zuletzt hieß es, dass der türkische Wettbewerber Getir mit dem deutschen Startup verhandele.

Zudem gibt es Unmut in der Belegschaft, die über schlechte Arbeitsbedingungen klagen. Im November vergangenen Jahres wurde auf Betreiben einiger Aktivisten in der Belegschaft und gegen den Widerstand des Unternehmens ein Betriebsrat gewählt. Das Management hatte daraufhin angekündigt, die Warehouses als "Franchise" auszulagern zu wollen.

In diesen Warehouses sollten nun ebenfalls Betriebsräte gewählt werden. "Es ist nun ein Wahlvorstand tätig geworden, der für das 'Warehouse Schöneberg' und drei weitere Standorte Betriebsratswahlen eingeleitet hat", teilte das Landesarbeitsgericht mit. Belegschaftsvertretern zufolge sollten am Mittwoch Wahlen in den Auslieferungslagern Schöneberg und Friedenau stattfinden. Auch in den Berliner Bezirken Moabit und Treptow seien Wahlen geplant, erklärte eine Unternehmenssprecherin.

Das Unternehmen betont, dass es an einen "offenen und ehrlichen Dialog" mit der Belegschaft glaubt und den gewählten Betriebsrat im Prinzip unterstützt. Allerdings hatte Gorillas mehrfach versucht, die Betriebsratswahl im vergangenen November gerichtlich stoppen zu lassen. Laut Landesarbeitsgericht ist noch ein Wahlanfechtungsverfahren anhängig, das aber derzeit ruht.

Das Unternehmen zeigt sich verwundert, dass der Betriebsrat "ohne eine Rücksprache mit uns" in einzelnen Berliner Warehouses zu außerordentlichen Betriebsratswahlen aufgerufen habe. Das entbehre jeglicher rechtlichen Grundlage, betonte eine Sprecherin, es könnten "nicht mehrere Betriebsräte für den gleichen Betrieb zuständig sein". Zudem seien die Wahlen von betriebsfremden Personen initiiert worden, was ebenfalls rechtswidrig sei.

Laut dem Landesarbeitsgericht hat sich das Unternehmen "in mehreren Eilverfahren" gegen die Durchführung der Betriebsratswahlen in den Warehouses gewandt. Arbeitnehmervertreter sprechen dabei von der Behinderung der Gewerkschaftsarbeit und Unterdrückung der Betriebsratsgründung durch das Unternehmen.

Nachdem Gorillas beim Arbeitsgericht zunächst abgeblitzt war, zeigte sich die höhere Instanz den Argumenten des Unternehmens gegenüber aufgeschlossener und entschied, dass die in Schöneberg geplante Betriebsratswahl nicht durchgeführt werden dürfe. Es sei "in so erheblichem Maße von den gesetzlichen Vorschriften zur Bildung des Wahlvorstandes abgewichen worden, dass die Bestellung des Wahlvorstandes nichtig" ist.

Gegen diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts gibt es kein Rechtsmittel mehr, sie besteht bis zu einer endgültigen Entscheidung im weiteren Verlauf des Rechtsstreits. Offen ist zur Stunde, wie es in den anderen Warehouses weitergeht. Das Unternehmen bietet im Hinblick auf die weiteren geplanten Wahlen den Dialog an. "Wir werden so lange weiter versuchen, mit dem Betriebsrat und den Wahlvorständen in einen Dialog zu treten, bis die Angelegenheit geklärt ist", erklärte die Sprecherin.

(vbr)