Mikrochirurgie-Roboter stellt Lymphgefäß-Verbindung her

Als Weltpremiere hat ein Züricher Ärzteteam einen Lymphabfluss im Körper einer Patientin mithilfe eines mikrochirurgischen Robotersystems wiederhergestellt.

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Nicole Lindenblatt und ihr Team arbeiten mit dem robotischen Mikrochirurgiesystem Symani.

Nicole Lindenblatt steuert den Mikrochirugie-Roboter bei der Operation am zentralen Lymphsystem der Patientin.

(Bild: USZ)

Lesezeit: 3 Min.

Wie allerfeinste robotische Hilfsmittel komplizierte Mikrooperationen an schwer zugänglichen Stellen des menschlichen Körpers möglich machen, hat jüngst ein Ärzteteam der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Universitätsspital Zürich (USZ) gezeigt. Dort arbeitet Nicole Lindenblatt seit 2021 mit dem robotischen Operationssystem Symani. Weltweit erstmals hat sie nun damit eine Reparatur am zentralen lymphatischen System einer Patientin durchgeführt. Es ging darum, einen quälend schmerzhaften Stau von Lymphflüssigkeit zu beseitigen, der immer wieder in einer etwa birnengrossen Aussackung der linken Beckenlymphgefäße auftrat. Die 47-jährige Patientin hatte vor der Operation bereits einen langen Leidens- und Behandlungsweg hinter sich.

Der Lymphstau führte zu massiven Schmerzen und beeinflusste mutmaßlich auch das vegetative Nervensystem neben der Wirbelsäule. Solche Erkrankungen am zentralen Lymphsystem sind nach Auskunft des USZ selten, aber für jeden Betroffenen schwerwiegend. Fehlbildungen des Lymphsystems wie die genannte Aussackung kommen auch bei Kindern, insbesondere bei Säuglingen, vor. Dort können sie zu chronischen Ergüssen um die Lunge und im Bauch führen, was mit Proteinverlust sowie ausgedehnten Lymphödemen einhergeht. Üblicherweise versuchen Ärzte, mithilfe von Medikamenten und einer speziellen Diät für die Patienten, den Lymphfluss zu reduzieren. Undichte Gefäße lassen sich bisweilen veröden. Operativ behandelt man solche Lymphgefäßfehlbildungen nur selten: Die betreffenden Stellen tief im Körperinneren sind nur schwer zu erreichen und viele der fraglichen Lymphgefäße sind nur einen halben bis einen Millimeter dick. So war auch bei der nun operierten Patientin in einer anderen Klinik bereits ein Versuch gescheitert, die Aussackung zu veröden.

Nicole Lindenblatt, die stellvertretende Direktorin der Spezialklinik am USZ, ist Expertin für mikro- und supermikrochirurgische Eingriffe. Ihr Team nahm bei der Patientin einen rekonstruktiven mikrochirurgischen Eingriff vor: Es schuf eine neue Verbindung zwischen der Aussackung und der linken Eierstockvene, sodass die Lymphflüssigkeit wieder in das zentrale Venensystem abfließen konnte. Das mikrochirurgische Symani-System konnte dabei weltweit erstmals beweisen, dass es sich für Operationen am zentralen Lymphsystem des Menschen eignet. Fast unmittelbar nach dem erfolgreichen Eingriff war die Patientin von ihren quälenden Schmerzen befreit.

Mittels feinster Greifer vernäht das Symani-System die Gefäßverbindung.

(Bild: Nicole Lindenblatt und Team)

Lindenblatt lobt das Symani-System, zu dessen ersten Anwendern sie gehört: „Wir können damit in tiefere Lagen vordringen, feinste Gefäße mit hoher Präzision operieren und Eingriffe durchführen, die mit den herkömmlichen Instrumenten sehr schwierig sind. Dank unserer Erfahrung mit dem System wussten wir, dass uns damit auch eine solche Operation am zentralen Lymphsystem gelingen könnte.“ Für die Patientin sei dies auch die einzig verbliebene Behandlungsmöglichkeit gewesen. Mit dem Eingriff, so Lindenblatt, habe ihr Team der Patientin geholfen und zugleich neue Anwendungen und Möglichkeiten des Geräts aufgezeigt, die zuvor nicht genutzt worden seien.

Das von Nicole Lindenblatt geleitete Center of Excellence für lymphatische Erkrankungen des USZ ist das einzige Zentrum in Europa, das zentrale Lymphchirurgie anbietet. Das Team hat den ausführlichen und bebilderten Bericht über die Operation als Fallstudie in "Plastic and Reconstructive Surgery – Global Open“ (PRSGO) veröffentlicht. In der Arbeit ist auch ein Video vom robotischen Vernähungsvorgang verlinkt.

(psz)