Next DB Navigator: Bessere Oberfläche und kuriose Fehler

Die Deutsche Bahn ordnet den Vertrieb der Fahrkarten neu, dazu gehört eine neue App. heise online hat sich den Next DB Navigator schon einmal angeschaut.

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Links der alte, rechts der neue Navigator für iOS. Ihn gibt es auch im neumodischen Darkmode.

(Bild: Screenshots)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Sebayang
Inhaltsverzeichnis

Die Deutsche Bahn hat den Next DB Navigator veröffentlicht, der nun die bereits im September verfügbare Webseite next.bahn.de auf der App-Seite ergänzt. Die App kann im Google Play Store und Apple App Store heruntergeladen werden. heise online konnte sich schon einmal einen Eindruck verschaffen, auch wenn sich noch keine alten Tickets laden ließen. Neue Tickets lassen sich aber bereit in der App kaufen – dabei kommt es zu einigen Kuriositäten.

Die App gehört zum Projekt "Vendo", mit dem die Deutsche Bahn gerade den digitalen Vertrieb umbaut und Altlasten abwirft. Hübsch sind zahlreiche Detailverbesserungen. So lassen sich Favoriten jetzt benennen, was Platz spart. Reisen lassen sich außerdem merken, ohne sie einer aktiven Fahrt zuordnen zu müssen. Wer die Fahrten von Freunden und Bekannten kennt, der kann sie nun alle nach einer Suche speichern. Allerdings fehlen derzeit noch Echtzeitinformationen aktueller Züge. Bei aktiven Fahrten ist das aber anscheinend der Fall.

Die Sprache orientiert sich nicht mehr an der Betriebssystemsprache. Im Test unter englischem iOS blieb die App deutsch, was sich auch nicht ändern ließ. Vermutlich werden die Informationen nun vom Profil abgerufen. Das hat durchaus Vorteile, denn das Servicecenter Fahrgastrechte verschickt englische Briefe, wenn die App auf Englisch gestellt ist.

Die Richtung der Züge stellt die App immer noch nicht dar. Die Deutsche Bahn erklärt ausweichend, die Funktion habe es zwar einmal gegeben, aber es gebe auch Gründe, die dagegen sprechen. Als Workaround finden Passagiere auf vagonweb.cz einen Wagenreihungsplan. Es reicht die Zugnummer mit Leerstelle einzugeben, um für sich den richtigen Platz in oder gegen die Fahrtrichtung zu finden – sofern es keine spontane umgekehrte Wagenreihung gibt.

Wer sich beim Next-Navigator neu anmeldet, sollte ein paar Dinge beachten, da vieles nicht gewohnt ist. So muss die Bahncard neu im Reisendenprofil eingetragen werden und nicht im Account. Das bleibt dann dauerhaft. Eine hinterlegte Bahncard 50 wirkte sich allerdings in der heise online vorliegenden App für iOS nicht auf die Preisinformationen aus, der alte DB Navigator berücksichtigte den Rabatt.

Allgemein wird vom Account nicht viel übernommen, außer der Bahnbonus-Nummer. Zwar ist das Geburtsdatum hinterlegt, doch im Buchungsprozess für Fahrten ins Ausland wird das nicht genutzt. Das Alter zum Tag der Reise muss weiter händisch eingeben werden. Immerhin wird es jetzt innerhalb einer Session gespeichert. Wird die App neu gestartet oder ein anderes Ziel gesucht, muss das Alter aber wieder neu eingegeben werden. Nach einer erfolgreichen Buchung eines Tickets wurde aber das Alter dauerhaft für den Reisenden gespeichert.

Zudem hat next.bahn.de und somit auch die App einige Probleme mit Tickets ins Ausland. Tickets zum dänischen Hauptstadtbahnhof København H lassen sich auf der neuen Plattform nicht buchen. Eine Preisauskunft ist nicht möglich. Die alte App kann dies hingegen. Offenbar klappt die Anbindung an das Ticketing der dänischen Staatsbahn DSB noch nicht. Auch Züge der polnischen PKP lassen sich nicht buchen.

Die next.bahn.de sowie die neue App sollen ein Anfang sei, wie die Deutsche Bahn erläuterte. Sie seien Teil einer längeren Phase, in der die neue Vendo-basierte Plattform parallel mit der alten Plattform im Betrieb bleibt. Anfang 2024 soll der Next Navigator übernehmen.

Bis dahin ist tatsächlich noch viel zu tun. So fehlen noch die Nahverkehrsangebote der Tarifverbünde in der App. Aktuell ist die Next-Plattform also ein reine Deutsche-Bahn-App plus Partnerbahnen. City-Ticket und ähnliches ist Teil der Bahntarife und damit trotzdem schon integriert.

Geplant ist außerdem noch die Digitalisierung der Bahncard 100. Auch die Reisezentren werden über das Vendo-Projekt neue Möglichkeiten bekommen, die laut Deutsche Bahn dann identisch mit dem Angebot der App sein soll. Auch sollen sich die Angebote nicht mehr unterscheiden. Aktuell lassen sich bestimmte Tickets nicht in der App buchen, weil sie etwa ausgedruckt werden müssen oder sogar per Post zugestellt werden.

Das gilt normalerweise auch für die Verbindung Milano Centrale – Frankfurt Main mit dem ECE 52. Im Next-Navigator sind hier schon Fortschritte zu sehen, der Nutzer bekommt einen Preis und kann auch durchbuchen. Wir haben das Ticket erfolgreich in der App kaufen können und einen Aztec-Code zum Vorzeigen per App erhalten. In der alten App geht das nicht. Fraglich ist noch, ob dieser bei einer Kontrolle akzeptiert wird. Offiziell ist das laut Twitter-Support beispielsweise nicht möglich, da das Ticket zwar digital ist, in Italien aber ein Ausdruck verlangt wird.

Impressionen vom Next DB Navigator (10 Bilder)

(Bild: Deutsche Bahn, Screenshot)

Unabhängig davon stimmt aber auch noch etwas nicht im Buchungsprozess. In der Next-App sowie auf der Next-Webseite konnten wir die Verbindung für 48,20 Euro kaufen (BC25, 1.Klasse, Reiseklasse: 1, Super Sparpreis, Preisstand: 17. Oktober, 12.30 Uhr). Auf der alten Webseite kostet das gleiche Ticket im selben Zug 65,35 im Sparpreis. Der Super Sparpreis ist mit 67,50 Euro sogar teurer (Preisstand: 17. Oktober, 12.38 Uhr). Wir haben also ein Schnäppchen gemacht. Dieses Ticket kann nicht in der alten App geladen werden. Auch die E-Mail-Bestätigung und der Ticket-Code samt Auftragsnummer sind unterschiedlich aufgebaut. Bis Anfang 2024 soll es aber möglich sein im neuen Navigator auch alte Tickets zu laden.

Das Grundgerüst der neuen App steht, doch ganz so fertig wirkt das Gesamtsystem nicht. Die Deutsche Bahn vermeidet das Wort Betaphase, denn das ginge über iOS etwa nur über das Testflight-System von Apple. Technisch gesehen mag das auch stimmen. Was allerdings noch eine deutliche Überarbeitung – oder wohl eher Erweiterung – braucht, sind die Hintergrundsysteme.

Fehlende Funktionen werden den ein oder anderen dazu bringen, doch wieder zum alten Navigator zu wechseln, auch wenn der nicht so aufgeräumt wirkt und durch das Hinzufügen von Funktionen in der Vergangenheit vor allem die Navigation ziemlich chaotisch ist. Daran haben sich die meisten aber gewöhnt. Der Next-Navigator erscheint aber als ein Schritt in die richtige Richtung, als ein längst überfälliger Neuanfang

Next DB Navigator zum Download

(anw)