Studie: Deutschland muss Potenzial von bidirektionalem Laden besser erschließen

Bislang gibt es laut Forschern keinen rechtlichen Rahmen und keine geeignete Infrastruktur, um sich mit Energiespeichern auf Rädern am Markt echt zu beteiligen.

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(Bild: Shutterstock.com / buffaloboy)

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E-Autos, die als Stromspeicher auf Rädern dienen, könnten die Verbraucher in der EU bei einem insgesamt flexibel gestalteten Energiesystem finanziell deutlich entlasten. "Flexibilität auf der Nachfrageseite" beim Energieverbrauch gilt als vielversprechende Lösung, um erneuerbare Energien ins Netz zu integrieren, das Problem der unzureichenden Stromerzeugung in sonnen- und windarmen Stunden zu lösen, Angebot und Nachfrage anzugleichen und die oft knappe Strominfrastruktur effizient zu nutzen. Laut einer Studie, die die Wirtschaftsvereinigung Smart Energy Europe mit Unterstützung von Energiemanagement-Firmen wie Eaton bei der norwegischen Klassifikationsgesellschaft DNV in Auftrag gegeben hat, tut Deutschland aber zu wenig, um dieses Potenzial zu heben.

Hierzulande gibt es laut der Untersuchung derzeit weder einen rechtlichen Rahmen noch eine geeignete Infrastruktur, um E-Autofahrern zu ermöglichen, beim bidirektionalen Laden alias Vehicle-to-Grid (V2G) explizit an den großen Energiemärkten teilzunehmen. Deutschland landet beim Punkt "Kommerzialisierungsströme" von V2G im Vergleich mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Polen, Spanien und Schweden daher auf dem letzten Platz. Zwei technische Lösungen, über die E-Auto-Besitzer zu Akteuren an Strombörsen werden können, sind aber zumindest im Vorlauf. Doch es gebe auch "keine lokalen Flexibilitätsmärkte" hierzulande, monieren die Forscher. Die marktbasierte Beschaffung von Demand-side Flexibility (DSF) werde von den Behörden zudem nicht unterstützt.

Die Verteilernetzbetreiber beschränkten sich mit Redispatch 2.0 zur Abwehr von Überlastungen auf die Stromerzeugung, lautet ein weiterer Kritikpunkt. Es existierten aktuell zwar Vorschläge, die "eine Fernsteuerung von Lasten durch die Netzbetreiber" ermöglichen würden. Sprich: Die Bundesnetzagentur soll das Laden von E-Fahrzeugen zur "Spitzenglättung" drosseln können. Für V2G wäre es den Experten zufolge aber wichtiger, "sich Flexibilität auf wettbewerbsorientierten Märkten zu verschaffen". Dies sollte gegenüber dem "Abriegeln" vorgezogen werden, "damit die Verbraucher für den von ihnen erbrachten Systembeitrag gerecht entlohnt werden".

Deutlich besser schneidet Deutschland bei anderen Regulierungsvorschlägen und gesetzlichen Vorgaben rund um V2G ab. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gab mit einem Förderprogramm für E-Mobilität jüngst etwa Anreize für bidirektionales Laden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wollte schon 2022 sicherstellen, dass E-Autos durch die Solaranlage auf dem eigenen Dach oder Mietshaus günstig geladen werden können. Trotzdem mahnt Dirk Kaisers von Eaton: "Die Erschließung der Flexibilität von E-Fahrzeugen ist nicht nur eine Frage der Ressourceneffizienz, sondern auch der Schlüssel zu einer fairen und gerechten Energiewende. Ohne bidirektionales Laden sind die Terawattstunden an Batteriekapazität in Elektrofahrzeugen zu 90 Prozent der Zeit, in der sie nämlich geparkt sind, totes Kapital."

(bme)