Tempo 30, Lkw-Maut, Autobahnen: Bundestag beschließt diverse Gesetzesänderungen

Lkw-Maut wird erweitert, Straßen- und Schienenbau beschleunigt und das Straßenverkehrsrecht bekommt eine wichtige Ergänzung.

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Autobahn

BAB27 in Bremen

(Bild: heise online / anw)

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Der Bundestag hat diese Woche ein paar Gesetze beschlossen, die sich auf den Verkehr und dessen Infrastruktur in Deutschland auswirken dürften. Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) erfährt einen "Paradigmenwechsel", die Lkw-Maut wird ausgeweitet und Straßenbauten können schneller genehmigt werden.

SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP stimmten für, Union und AfD gegen die geänderte StVG, die Linksfraktion enthielt sich. Dadurch sollen Länder und Kommunen künftig in der Straßenverkehrsordnung die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigen – neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs.

Ebenfalls mit Koalitionsmehrheit nahm der Bundestag eine Entschließung an, laut der die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2024 das Straßenverkehrsrecht evaluieren solle, um Digitalisierungspotenziale zu identifizieren. Dabei geht es beispielsweise um die digitale Parkraumkontrolle. Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, in dem sie forderte, dass sich das StVG stärker auf die Verkehrssicherheit konzentriert, fand keine Mehrheit.

Eine Empfehlung des Bundesrats, laut der zur städtebaulichen Entwicklung künftig neben den Bewohnern auch gebietsansässige wie Vereine oder Sozialeinrichtungen Parkbevorrechtigungen erhalten sollten, lehne die Bundesregierung ab. Eine solche Regelung würde Bewohnern Parkmöglichkeiten entziehen, schließlich seien diese besonders darauf angewiesen, den Parkraum zu nutzen.

Ab dem 1. Dezember dieses Jahres wird die Lkw-Maut für Bundesfernstraßen um eine CO₂-Komponente erweitert. Das beschloss die Regierungskoalition gegen Union und AfD bei Enthaltung der Linken. Ab dem 1. Juli 2024 wird die Maut auch auf Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen bis 7,5 Tonnen ausgeweitet. Von der Mautpflicht ausgenommen werden sollen Fahrten von Handwerkern oder Personen mit handwerksähnlichen Berufen mit Fahrzeugen von weniger als 7,5 Tonnen.

Die CO₂-Differenzierung sei wichtig, um die Treibhausgasemissionen im Verkehr zu mindern und das Klimaschutzziel zu erreichen, wird in dem Gesetz zur Änderung der mautrechtlichen Vorschriften begründet. Es werde ein Preissignal gesetzt, durch das die Nutzung von Lkw mit alternativen Antrieben für die Güterverkehrsbranche deutlich attraktiver werde. Es müssten mehr Lkw mit alternativen Antrieben eingesetzt werden, um das Ziel zu erreichen, dass 2030 ein Drittel der Fahrleistung elektrisch bewältigt wird.

Die Bundesregierung rechnet durch die Einführung der CO₂-Differenzierung mit Mehreinnahmen aus der Maut von 26,61 Milliarden Euro in den Jahren 2024 bis 2027. Die erwarteten Mehreinnahmen durch die Ausdehnung der Maut auf Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen beziffert sie auf 4 Milliarden Euro; davon entfielen 1,83 Milliarden Euro auf die CO₂-Differenzierung. Die Hälfte der Einnahmen soll weiterhin zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur für die Bundesfernstraßen verwendet werden, die zweite Hälfte auch für das Schienennetz aufgewendet werden.

Ebenfalls mit den Stimmen der Koalition gegen jene der drei Oppositionsparteien beschloss der Bundestag ein Paket zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich. Ein Schwerpunkt liege dabei auf der Schiene, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in der Debatte vor der Abstimmung. Die betroffenen Schienenprojekte könnten zum einen davon profitieren, dass sie bei rechtlichen Abwägungen ein "überragendes öffentliches Interesse" geltend machen könnten. Dabei geht es um gut 700 Autobahn- und Schienenprojekte. Zum anderen würden die für den Deutschlandtakt notwendigen Schienenprojekte gesetzlich verankert, "sodass direkt mit den Planungen begonnen werden kann".

Durch das Paket sollen auch 138 Autobahnprojekte schneller angeschoben werden. "Wer im 21. Jahrhundert noch Autobahnen baut und Standards für Umweltschutz schleift, hat den Schuss nicht gehört", sagte Bernd Riexinger von den Linken und hielt den Grünen vor, ihr Mitwirken sei eine Bankrotterklärung. Deren Abgeordnete Susanne Menge erklärte, die Zeiten, als mit der Gießkanne über das Land gezogen und jedem Ort eine Umgehungsstraße versprochen worden sei, seien vorbei. Das gelte auch für das Autobahnnetz.

Das Paket enthält Änderungen des Bundesfernstraßengesetzes, des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, des Bundesschienenwegeausbaugesetzes, des Bundeswasserstraßengesetzes, des Luftverkehrsgesetzes, des Wasserhaushaltsgesetzes, des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes, des Investitionsgesetzes Kohleregionen sowie des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Das Bundesfernstraßengesetz beispielsweise bekommt Regelungen, die die Verfahren für Ersatzneubauten bei Brückenbauwerken der Bundesfernstraßen vereinfachen und beschleunigen sollen.

(anw)