Viele Preise und ein iPhone als Profi-Monitor – die Fotonews der Woche 16/2024

Sowohl WPPA wie TIPA wurden verliehen, Sony hat ein teures Weitwinkel, und aktuelle iPhones sind so gut, dass sie für Filmproduktion taugen – als Display.

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Das Ninja Phone ist der Block in der Mitte. Auf ihm sitzt ein Akku, dahinter das iPhone in einer speziellen Hülle. Zusammen ergibt das einen HDMI-Recorder mit Monitor für jede Kamera.

(Bild: Atomos, Screenshot: heise online)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Der Frühling – auch wenn er sich an diesem Wochenende kaum blicken lässt – ist in der Fotobranche die Zeit der großen Preise für das vergangene Jahr. Die Wettbewerbe wie der "World Press Photo Award" (WPPA) orientieren sich strikt am Kalenderjahr, und erst ab Januar laufen die Fristen aus und die Auswertung an. Ähnlich ist das auch bei der "Technical Image Press Association" (TIPA), bei der nicht Inhalte, sondern Geräte ausgezeichnet werden.

Und weil das bei Hardware so viel einfacher ist, als bei den meist schwierigen Motiven der Pressefotografie, fangen wir mit dem TIPA Award an. Wenig überraschend, weil auch andernorts schon oft die Kamera des Jahres, ist der beste Body für Profis mit Vollformatsensor Nikons Z 8. Sonys gerade noch 2023 vorgestellte A9 III ist die beste Hybridkamera, was etwas merkwürdig anmutet, ist sie doch nicht eigens auf Filmen ausgelegt. Aber Markenparität, sodass jeder einen Preis abbekommt, ist beim TIPA eben Tradition. Manches sticht jedoch auch hervor, wie der Preis für das Schärfen von Schwarz/Weiss-Fotos, den der deutsche Druckdienstleister WhiteWall gewinnen konnte.

Die allgemeine Parität beim TIPA erklärt aber, warum die Canon R100 die beste APS-C-Kamera für Einsteiger ist, denn 2023 hat Canon gar keine andere neue Kamera vorgestellt. Und die nun über ein Jahr angekündigte R1 lässt weiter auf sich warten. Und weil Canon etwas träge geworden ist, dominieren in der Liste aller ausgezeichneten Geräte derzeit eben Fujifilm, Nikon und Sony. Ebenfalls nicht überraschend: Das Xiaomi 14 Ultra ist nach Meinung der Jury das beste Smartphone zum Fotografieren. Zwar liegt es in unserem ausführlichen Test der Top-Smartphones trotz 1-Zoll-Sensor in der Bildqualität nicht deutlich vor der Konkurrenz, das Kamera-Kit mit Griff macht das Fotografieren aber ungleich komfortabler.

Auch geradezu zwingend war es für die World Press Photo Foundation (WPPF) wohl auch, ein Bild aus dem Krieg im Gazastreifen zum Pressefoto des Jahres zu küren. Vor einem Jahr war es eine Szene aus dem Krieg in der Ukraine. Die nun ausgezeichnete bedrückende Szene zeigt eine palästinensische Frau mit verhülltem Gesicht, welche den in das traditionelle Leichentuch gewickelten toten Körper ihrer 5-jährigen Nichte hält. Wir beschreiben die Szene deshalb, weil im Kommentar der Jury ein wichtiger Grund für die Wahl zum Foto des Jahres steckt.

Das Gremium schreibt: "Das Bild ist ein Symbol für die Folgen eines Konflikts und macht deutlich, dass alle Kriege sinnlos sind. Die Jury erkannte an, dass dieser Fotograf vor fast einem Jahrzehnt für dasselbe Thema ausgezeichnet wurde, was den anhaltenden Kampf um die Anerkennung eines so drängenden Themas unterstreicht." Die WPPF möchte sich also ausdrücklich nicht auf eine Seite dieses Krieges stellen, indem sie das Bild des Reuters-Fotografen Mohammed Salem auszeichneten. Vielmehr scheint es auch um die Kontinuität der fotografischen Berichterstattung zu gehen. Salems Motiv, das 2010 den zweiten Platz für "Spot News, Singles" erhielt, zeigt im Übrigen eine ganz andere Szene, aber ebenfalls aus dem Gazastreifen.

Weil im Übrigen auch 2023 das Echtheitssiegel C2PA nicht richtig in Schwung kam, prüft die WPPF Bilder, die in die engere Wahl kommen, ausführlich von Hand. Auf KI oder Ähnliches verlässt man sich da nicht. Die Liste der Kriterien ist umfangreich: Es müssen Bildreihen, Raw-Dateien und Dokumentationen eingereicht werden. Fotos vom Smartphone werden nur dann akzeptiert, wenn sie direkt aus dem Handy per Mail verschickt werden. Und selbstverständlich sind Mehrfachbelichtungen und zusammengesetzte Bilder nicht erlaubt, allenfalls ein sanfter Beschnitt, der den Kontext nicht ändert. Auch dann muss aber das Original beigelegt werden. Ein Pressefoto soll eben kein gestaltetes Bild darstellen, sondern ein Ereignis so zeigen, wie es stattgefunden hat.

Für Pressefotografen gehört ein lichtstarkes Weitwinkelzoom, etwa für Innenräume oder Szenen auf der Straße, zum Standardbesteck. Solche Objektive sind nur leider immer recht schwer und teuer, und da macht aus Sonys neues FE 16-25mm F2.8 G keine Ausnahme. 1.400 Euro sind für den geringen Zoombereich für manche vielleicht zu viel, die Ausstattung mit unter anderem drei Ringen für Fokus, Brennweite und Blende sowie die Wetterfestigkeit rechtfertigen das jedoch. Solche Konstruktionen sind mechanisch komplex. Ebenso braucht es schnelle Mechanik und Software, um mit den 120 fps samt Autofokus einer A9 III mitzuhalten, denn auch für diese Kamera ist das G-Objektiv gebaut.

Ebenfalls in der Profiliga spielt das australische Unternehmen Atomos mit seinen externen HDMI-Recordern. Sie sind innerhalb weniger Jahre synonym mit der Funktion geworden: Ein Atomos ist dafür da, nur das Bild einer Kamera per HDMI abzunehmen und in einem professionellen Format wie Apples ProRes zu speichern. Dafür braucht es bei den um Systemkameras gebauten, sogenannten Rigs, aber noch einen besseren Monitor als den winzigen der Kamera selbst. Was liegt also näher, als die großen und inzwischen hervorragenden Displays eines Smartphones stattdessen zu verwenden?

Grund ist, dass dies allein nicht viel bringt und den Kabelverhau, unter anderem für die Stromversorgung, nochmals schlimmer macht. Daher dient das neue "Ninja Phone" als eine Art Handyhülle mit erweiterten Anschlüssen und Powerbank für Apples iPhone 15 Pro oder Pro Max. Darin wird dieses zum Recorder als auch zum Display. Der Signalverlauf ist wie folgt: Die Kamera, gleich welchen Herstellers, gibt das unkomprimierte Bild per HDMI aus, auch mit HDR. Das Ninja Phone nimmt das entgegen, komprimiert es als ProRes oder H.265 und gibt es per USB-C an das iPhone wieder, wo das Video gespeichert oder gestreamt wird. Das kostet samt spezieller Hülle nur rund 460 Euro und soll ab Juni 2024 verfügbar sein.

Bei diesem vergleichsweise geringen Preis muss da natürlich ein Haken sein, und der liegt bei der Auflösung, denn mit Full-HD und 60 fps ist Schluss, 4K oder noch mehr gibt es nicht. Wohl auch deshalb, betont Atomos, weil der Reiz an dem Produkt in der Nutzung des iPhone-Displays mit OLED und HDR bis zu 1.600 nits Helligkeit liegt. Wenn die Kamera intern schon in einem vernünftigen Format aufzeichnen kann, ersetzt das Ninja Phone wohl kaum einen der großen 4K-Recoder von Atomos. Es ist eher ein Monitor-Adapter und ein Backup-Recorder, wenn man ohnehin ein iPhone besitzt. Für lange Streamingaktionen ist die Lösung jedoch besonders interessant, denn das Gerät wie das iPhone selbst können durch angesteckte Wechselakkus ganz ohne große Kabelage versorgt werden.

Und da wir schon am Meckern sind, passt auch die Empfehlung für einen Long Watch zum Wochenende, um mal wieder die eigenen Erfahrungen bestätigt zu sehen: Das Petapixel-Team rechnet in seinem neuen Video mit der Kameras beigelegten Software ab. Wenig überraschend: So richtig taugt die bei keinem Hersteller etwas.

(nie)