Wo ist der deutsche ICANN-Kandidat?

Die Bundesforschungsministerin wirbt dafür, dass sich die deutsche IT-Community einen Platz im Verwaltungsrat von ICANN sichert.

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Von
  • Florian Rötzer

Nur noch bis zum 14. August besteht die Möglichkeit, einen Kandidaten für das Board of Directors der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers aufzustellen bzw. sich selbst für die Wahl zu nominieren. Fünf der 19 Direktoren des Verwaltungsrats darf die Internet-Community im Oktober selbst wählen. Aus den fünf "Wahlkreisen" – Europa, USA, Afrika, Asien-Pazifik und Lateinamerika – soll je ein Kandidat zum Schluss das Rennen machen. Wählen dürfen alle Netzbürger über 16 Jahren, die sichbis zum 31. Juli als ICANN-Mitglied registrieren lassen.

Die Wahl wird allgemein als ein Experiment angesehen, elektronische Demokratie und Abstimmungen über das Netz voranzutreiben. Da ICANN mit der Aufsicht über die Netzadressen über eine der wichtigsten Ressourcen im Cyberspace bestimmt, ist eine Einflussnahme auf das Gremium zudem für Firmen wie Politiker von größtem Interesse. Auch Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn will daher sicherstellen, dass Deutschland und Europa "mit einer qualifizierten Expertin oder einem qualifizierten Experten in dieser für die weitere Entwicklung des Internet wichtigen internationalen Organisation vertreten ist."

Die Besorgnis über die Zukunft von ICANN hat die SPD-Politikerin nun dazu veranlasst, eine Email an mehrere Verbände aus dem Computer- und Telekommunikationsbereich zu senden und so die Werbetrommel für die ICANN-Wahl zu rühren. Empfänger der am Donnerstag Abend versendeten elektronischen Nachricht waren u.a. die Initiative zur Informationsgesellschaft D21, der Lobbyverband Bitkom, Konzerne wie Hewlett Packard, IBM, die Deutsche Telekom oder Siemens und Forschungseinrichtungen wie die GMD. Darin verleiht die Ministerin ihrem Wunsch Ausdruck, "dass die deutsche IT-Community eine Kandidatin oder einen Kandidaten an ICANN für das Board of Directors benennt."

Trotz der von Spiegel Online, c’t, Telepolis und anderen Magazinen ausgerufenen Kampagne "I can!" hält sich allerdings auch bei den deutschen Surfern die Begeisterung für die ICANN-Wahl noch in Grenzen. Bis zum Mittwoch hatten sich insgesamt 8674 Netzbewohner aus Deutschland registrieren lassen. "Die Beteiligung in Europa – auch in Deutschland – lässt noch zu wünschen übrig", rügt daher auch Ministerin Bulmahn. Die Liste der ICANN-Mitglieder führt momentan Japan, wo vor einer Woche das in Yokohama abgehaltene jüngste ICANN-Treffen die Unternehmung ins Rampenlicht gestellt hat, mit 20261 Registrierungen an, es folgen die Vereinigten Staaten mit 12115 Surfern. Aus afrikanischen Staaten haben sich bislang nur Einzelpersonen bei ICANN eintragen lassen. Insgesamt haben sich 52652 Internetbenutzer registrieren lassen, überwiegend Männer übrigens. (Stefan Krempl)

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