EU-Kommission will Internet-Dienstleistungen besteuern

Die EU-Kommission will die Regelungen zur Mehrwertsteuer auf den elektronischen Handel ausdehnen.

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Von
  • Christian Rabanus

Der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Frits Bolkestein hat heute einen Vorschlag zur Änderung der sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie (77/388/EWG) vorgelegt, den die europäische Kommission gebilligt hat. Im Kern besteht der Vorschlag darin, die bestehende Richtlinie so zu ändern, dass bei allen innerhalb des EU-Gebiets in Anspruch genommenen elektronischen Dienstleistungen Mehrwertsteuer fällig wird. Zu den elektronischen Dienstleistungen gehört unter anderem das Bereitstellen von Software und anderen Files zum Download, das Bereitstellen von Speicherplatz auf Web-Servern und die Erstellung von Internet-Seiten. Die Besteuerung ist unabhängig davon, ob der Anbieter innerhalb oder außerhalb der EU seinen Geschäftssitz hat. Leistungen dagegen, die außerhalb der EU von Kunden in Anspruch genommen werden, sind nach wie vor nicht mehrwertsteuerpflichtig.

Mit dem Vorschlag soll ein Schlupfloch geschlossen werden, das für Anbieter innerhalb der EU eine Wettbewerbsverzerrung bedeutet. Bislang müssen nämlich Anbieter, die außerhalb der EU ihren Geschäftssitz haben, bei Dienstleistungen, die innerhalb der EU in Anspruch genommen werden, keine Mehrwertsteuer zahlen. Anbieter innerhalb der EU werden aber für genau die gleichen Leistungen mit Steuern belegt. Der Vorschlag betrifft aber keine kostenlos erbrachten Dienstleistungen; auch der Handel mit physischen Gütern wie Büchern oder CDs über das Internet ist von der neuen Richtlinie nicht betroffen. Die Kommission betont, dass es sich bei dem Vorschlag zur Richtlinienänderung nicht um die Einführung einer neuen Steuer handelt, sondern um die Anpassung der geltenden Regelungen an den elektronischen Handel.

Das Kommissionspapier sieht eine unterschiedliche Behandlung von Business-to-business- (B2B) und Business-to-consumer-Geschäften (B2C) vor. Bei B2B-Transaktionen in die EU und innerhalb der EU muss der Geschäftskunde die Mehrwertsteuer abführen, bei B2C-Geschäften der Anbieter. Nicht-EU-Anbieter, die nur mit Geschäftskunden innerhalb der EU handeln, müssen sich steuerlich nicht registrieren, da das Abführen der Mehrwertsteuer ihre Geschäftskunden erledigen. Nicht-EU-Anbieter allerdings, die direkt Endverbrauchern in der EU ihre Dienste offerieren, werden nach der neuen Richtlinie verpflichtet sein, sich steuerlich innerhalb der EU registrieren zu lassen, wenn sie im Jahr mehr als 100.000 Euro im Gebiet der Europäischen Union umsetzen. Die steuerliche Registrierung muss in dem Land erfolgen, in dem die erste zu versteuernde Dienstleistung erbracht wurde. Der Mehrwertsteuersatz ist bei B2B-Geschäften abhängig vom Land, in dem ein Anbieter steuerlich registriert ist, bei B2C-Geschäften vom Land, in dem der Kunde wohnt.

Die Steuerpflicht auch für Firmen, die ihren Sitz nicht in der EU haben, macht zudem eine Änderung der Rechtsgrundlage für die Bestätigung der Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer – Verordnung (EWG) Nr. 218/92 – erforderlich. Gemäß dieser Verordnung können EU-Staaten bislang die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer derjenigen Personen bestätigen, "die an innergemeinschaftlichen Warenlieferungen oder Dienstleistungen beteiligt sind" – Artikel 6 der Verordnung (EWG) Nr. 218/92. Der Änderungsvorschlag sieht vor, dass EU-Staaten jetzt auch die Gültigkeit von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern bestätigen können, die ihren Sitz nicht in der EU haben.

Die Vorschläge werden jetzt an den EU-Ministerrat weitergeleitet, der nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses der EU die Änderungen beschließen kann. (chr)