Ermittlungen wegen Abmahnungen zu Kfz-Kennzeichen in Domain-Namen

Die Ravensburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Inhaber der Biberacher Firma Mowap wegen versuchten Betruges offenbar im großen Stil.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Ravensburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Inhaber der Biberacher Firma Mowap wegen versuchten Betruges offenbar im großen Stil. Wie der Ravensburger Oberstaatsanwalt Gerhard Schurr gegenüber dpa mitteilte, hat eine Nürnberger Anwaltskanzlei im Auftrag der Firma Mahnschreiben gegen Internet-Adressen mit Kfz-Kennzeichen verschickt. Der Geschäftsmann ist Inhaber eines Lizenzvertriebs. Die Firma beruft sich auf eine europäische Patentschrift, nach der es geschützt sein soll, in Internet-Adressen "als spezifischen Inhalt das Kürzel des Kfz-Kennzeichen für eine geographische Region" zu nutzen.

Insgesamt soll es sich um etwa 6000 Abmahnungen handeln. In den erst am Freitag und teilweise sogar erst am Samstag zugegangenen Schreiben wurden die Adressaten aufgefordert, bis zum (gestrigen) Montag 580 Euro Schadensersatz zu zahlen; der Anwalt des Unternehmens verlangt zusätzlich eine Gebühr von 534,50 Euro. Außerdem wurde eine Unterlassungserklärung gefordert. Die Staatsanwaltschaft bezweifelt den Rechtsanspruch der Abmahnungen, die mit Geldforderungen verbunden sind. Laut Schurr werde das Konto von Rechtsanwalt Pasch nun von der Nürnberger Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Er, so Schurr, arbeite eng mit allen damit betrauten Staatsanwaltschaften in Deutschland zusammen, sagte er gegenüber der Tageszeitung Südkurier.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe hat davor gewarnt, auf die Mahnschreiben einzugehen. Nach einer Mitteilung der Kammer sind die Forderungen zahlreichen Unternehmen und Institutionen zugegangen. Nach Auskunft des Europäischen Patent- und Markenamtes gegenüber dpa liegt ein Patent vor, auf das sich die Biberacher Firma beruft; seine Anwendung ist aber umstritten. Für die IHK besteht der Verdacht, dass es sich um eine missbräuchliche Massenabmahnung handelt, die bundesweit verschickt wird. Eine Anfrage bei der Rechtsanwaltskammer Nürnberg habe ergeben, dass dort bereits viele Beschwerden zu dem Fall vorliegen. Auch der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität im hessischen Bad Homburg sei von der Abmahnungsserie informiert worden.

Auch die Polizei in Braunschweig etwa warnt bereits vor den Abmahnungen und hat wie auch andere lokale Polizeidienststellen Ermittlungen aufgenommen. Die Braunschweiger Polizei ist der Ansicht, Betroffene sollten keine Zahlungen vornehmen und nicht auf die Abmahnung reagieren. Dieser Ansicht sind allerdings nicht alle Juristen: Da das Patent erst einmal Gültigkeit habe, bestünde die Gefahr, dass die Betroffenen zumindest in einem erstinstanzlichen Verfahren gegen den Abmahner unterliegen könnten.

Aber nicht nur die Strafverfolger beschäftigen sich mittlerweile mit den Abmahnungen, auch die Betroffenen und ihre Rechtsanwälte haben sich teilweise zu koordinierten Gegenmaßnahmen zusammengeschlossen. So hat etwa Rechtsanwalt Jochen Krieger, seines Zeichens Experte für gewerblichen Rechtsschutz, eine Mailingliste eingerichtet, um Gegenmaßnahmen (und ihre Finanzierung) zu koordinieren -- bislang haben sich bereits 185 Betroffene dort eingefunden, die mit verschiedenen Anwälten an einem gemeinsamen Vorgehen arbeiten wollen.

Siehe zu den Vorgängen um die Abmahnungen wegen KFZ-Kennzeichen in Domain-Namen: (jk)