Matter auf der IFA 2023: Viele Pläne, ein bisschen Praxis​

Seite 2: Wie Matter Profi- und Nachrüsttechnik vernetzt

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Eve zeigte auf der IFA 2023 den kabellosen Temperatursensor und -regler Eve Thermo Control (80 Euro). Er übernimmt ab dem 14. November die automatische Offset-Korrektur für das Thread-Heizkörperthermostat des Herstellers. Matter ermöglicht die direkte Kommunikation zwischen beiden Komponenten innerhalb von Apple HomeKit. Bisher ging das in dieser Form nicht. Ebenfalls am 14. November erscheint ein Matter-Update für die Rollo-Motoren Eve MotionBlinds.

Am Eve-Stand veranschaulichte eine gemeinsame Demo mit Busch-Jaeger, wie Matter Gebäudesystemtechnik und Selber-Nachrüst-Produkte verbindet.

(Bild: Berti Kolbow-Lehradt)

Eine gemeinsame Installation mit Busch-Jaeger demonstrierte am IFA-Stand von Eve, wie Matter die Brücke zwischen professioneller Gebäudesystemtechnik zu Publikumsprodukten schlägt. Smarte Eve-Steckdosen und -Rollos ließen sich über Touch-Displays und Schalter von Busch-Jaeger sowie umgekehrt Dimmschalter und Heizungsaktoren von Busch-free@home mithilfe der Smartphone-App von Eve steuern. Beide Unternehmen gehören seit Kurzem zum ABB-Konzern. Das beschleunigte die Entwicklung des Zusammenspiels zwischen dem herstellereigenen Funksystem von Busch-Jaeger und dem verwendeten Thread-Funk von Eve. Die Herangehensweise sei aber auch auf andere Konstellationen übertragbar, hieß es gegenüber heise online. Macht das Beispiel Schule, könnte Matter den Gestaltungsspielraum gerade bei der professionellen Smart-Home-Planung deutlich erweitern.

Nanoleaf erweitert das Sortiment an Dekobeleuchtung um zwei Matter-kompatible Fertigleuchten ab Mitte Oktober. Das tragbare Modell Cono ist akkubetrieben und erscheint in Grau und dem erdig-rötlichen Farbton "Sierra" (110 Euro). Die "Cup Lamp" (150 Euro) ist eine schwarze Tischleuchte mit integriertem Stifteköcher. Ein USB-Netzkabel versorgt sie, ein USB-Ausgang bei Bedarf ein anderes Gerät mit Strom. Das originelle Design beider Geräte stammt vom Markenpartner Umbra, die smarte Lichttechnik von Nanoleaf. Die RGBW-Leuchten funken wahlweise mit WLAN und im Fall einer Matter-Verbindung mit Thread.

Nanoleaf gewährte heise online einen ersten Blick auf Matter-fähige Tischleuchten der Marke. Die Akku-Leuchte Cono kommt Mitte Oktober.

(Bild: Berti Kolbow-Lehradt)

Yeelight brachte zur IFA als Teil des Matter-Sortiments die Lichtsäule "Beam" für den Tisch, den LED-Streifen "Obsid" für schmale Kanten sowie die Deckenleuchte Pro Nightingale Rooflight mit. Die ersten beiden Lichtprodukte lassen sich in mehreren Zonen ansteuern und können daher unterschiedliche RGB-Farben gleichzeitig darstellen. Das Oberlicht simuliert durch dynamische Effekte den natürlichen Einfall von Sonnenlicht. Welche Funktechnik für Matter in den finalen Versionen zum Einsatz kommt und zu welchen Preisen sie in Deutschland erscheinen, nannte Yeelight nicht.

SwitchBot öffnete und schloss auf der IFA mit dem ab sofort erhältlichen SwitchBot Curtain 3 (90 Euro) anhand dessen eingebauten funkgesteuerten Elektromotor Vorhänge, die auf Rundstangen hängen. Die dritte Version ist leistungsstärker und soll auch schwerere Stoffmengen bewegen können. Der Motoröffner funkt mit Bluetooth. Über den SwitchBot Hub 2 klinkt er sich ins WLAN und in ein Matter-Netzwerk ein. Das nötige Update für den Hub gibt es schon.

Aqara zeigte auf der IFA das Matter-fähige Smart Lock U200, das im Set mit einer Nummerntastatur und einem Fingerabdruckscanner erscheinen soll. Es funkt mit Thread und braucht daher keine bestimmte Hersteller-Bridge. Auf ZigBee und damit auf Aqara-Hubs angewiesen sind das Zweifach-Unterputzmodul T2 sowie die Deckenleuchte T1M und der LED-Streifen T1. Letzterer ist ab sofort für 50 Euro erhältlich und stellt wie die Deckenleuchte RGB-Farben dar. Wann und zu welchen Preisen die anderen Geräte nach Deutschland kommen, steht nicht fest. Je nach Erscheinungstermin unterstützt das Schloss womöglich nicht gleich zu Beginn auch alle Matter-Funktionen. Obwohl der Standard schon Schlösser unterstützt, stehen hier weitere Funktionen vor dem Start.

Aqaras smartes Matter-Türschloss U200 lässt sich mit Thread-Funksignalen öffnen und schließen.

(Bild: Berti Kolbow-Lehradt)

Nuki äußerte sich konkreter und will bis zum Jahresende ein Matter-fähiges Smart Lock in den Handel bringen. Es soll mit Thread statt wie vorherige Modelle mit Bluetooth und WLAN funken. Weitere Produktdetails oder ein Preis sind nicht bekannt. Stattdessen betonte Nuki, dass Matter bei Erscheinen des neuen Schlosses den hierzulande wichtigen Betriebszustand "Tür öffnen, ohne die Falle zu ziehen" beherrschen werde – zusätzlich zu einfach "Auf" und "Zu". Der Hersteller habe sich bei den zuständigen Gremien dafür eingesetzt, dass sie die bereits veröffentlichen Spezifikationen um diese Option erweitern. "Ohne Nuki wäre diese in Europa sehr oft geforderte Funktion wohl nicht Teil der für diesen Herbst zu erwartenden neuen Matter-Version", sagte Firmengründer Martin Pansy.

Außer einer neuen Funktion bei Smart Locks wird der Standard bald Haushaltsgeräte abdecken. Einblick in entsprechende Ausbaupläne gab Chris LaPré, Head of Technology der zuständigen Zertifizierungsorganisation Connectivity Standard Alliance (CSA), gegenüber heise online. Nachdem die Matter-Version 1.0 eine Grundausstattung für gängige Smart-Home-Geräte enthielt und das Update 1.1 im zurückliegenden Mai vorwiegend Bugs fixte, bindet das turnusgemäße Herbst-Update die Peripherie stärker ein. Ein hoch gehandelter Kandidat für Matter 1.2 sind demnach Saugroboter. Auch Geschirrspüler gehören offenbar zur engeren Auswahl. Haushaltsgerätehersteller Midea hat auf der IFA ein entsprechendes Modell angekündigt.

"Insgesamt sind zehn bis zwölf Gerätekategorien aktuell in der Testingphase", sagte Chris LaPré. Funktionieren sie ausreichend stabil, schaffen sie es in die Veröffentlichung der neuen Matter-Version im Oktober oder November. Es ist aber nicht auszuschließen, dass einige davon doch noch weiteren Feinschliff und erneute Spezifizierungsrunden brauchen.

Definitiv zu früh kommt das Herbst-Update für WLAN-Kameras, Fernseher und smartes Energiemanagement. Vor allem letzteres war ein großes IFA-Thema. Zusätzlich sollen die bereits in Matter enthaltenen Fernseher-Funktionen ausgebaut werden. In den CSA-Gremien genießen laut Chris LaPré alle drei Gerätekategorien Priorität. Sie brauchen wegen des jeweils komplexen technischen Unterbaus aber noch Zeit und stehen frühestens für Matter 1.3 im Frühjahr 2024 im Kalender. Selbst bei grünem Licht vergehen anschließend weitere Wochen, bis Hersteller die Vorgaben umsetzen und gebrauchsfertige Produkte in den Handel bringen.

Künftig sei die CSA bestrebt, nach außen transparenter den Unterschied zwischen dem Stand der Prüfprozesse und der Aussicht auf fertige Produkte zu verdeutlichen, erklärte LaPré. Damit zieht die Organisation offenbar eine Lehre aus dem Stimmungswechsel von der großen medialen Euphorie im vergangenen Jahr hin zu einer allgemeinen Ernüchterung in diesem.

(dahe)