Kommentar: Wahl zur Internet-Verwaltung - wer kann denn nun?

Endlich: Wir können alle zur Globalwahl gehen, wurde ja auch Zeit nach all der Globalisierung.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Endlich: Wir können alle zur Globalwahl gehen, wurde ja auch Zeit nach all der Globalisierung. ICANN sei Dank! Wir dürfen nämlich einen europäischen Direktor für die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers wählen. Die ist zwar nicht die Weltregierung – sagen wir mal: noch nicht... – aber doch die Zentralverwaltung für den wirklich wichtigsten Bereich unseres Alltags: für unsere Webadressen. Da besuchen uns doch eh mehr Leute als unter unserer richtigen Adresse. Und warum soll bei einem so wichtigen Bereich nicht ein deutscher Direktor mitreden, kann doch nicht schaden.

Auch unsere deutschen Politikerinnen und Politiker finden das, Herr Mosdorf hat's gesagt und Frau Bulmahn. Ausserdem hat Spiegel Online fast dreihundert Vorschläge bekommen für Leute, die das für uns machen könnten, und er hat fest gearbeitet und eine "bereinigte" Liste erstellt. Damit hat er uns aber doch geholfen: Hat für uns die Kandidaten sondiert, sogar angerufen (per Telefon!) und eine mögliche Kandidatenliste in Form gebracht: möglichst repräsentativ, keine Frauen und so. Das ist schon okay. Bloß schade, dass wir die Liste jetzt nicht mal sehen können. Wäre doch für uns Wähler auch ganz nett gewesen zu sehen, welcher unserer Kandidaten als würdig erachtet wurde. Immerhin hat der Spiegel schon verraten, dass ein Medienprofessor dabei ist und ein Domainhändler. Das macht die Sache doch spannender...

Es war ja auch echt gut, die Liste zu bereinigen: Die ICANN will ja ohnehin nur sieben Kandidaten pro Wahlregion akzeptieren, also auch für die deutsche, Verzeihung, europäische. Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir allerdings keine 300 Leute vorgeschlagen... Wir erfahren die Namen ja vielleicht dann später auch noch, vielleicht sagt auch ICANN-Finanzchef Andrew McLaughlin sie uns, der die Spiegel-Liste jetzt ja kriegen soll. Bloß in einer Hinsicht müssen wir noch aufpassen: Dass kein europäischer Konkurrent auf den letzten Metern noch unseren Mann überholt. Siehe Japan, da können die Chinesen noch so viele sein, die Japaner stellen mit über 15.000 Wählern das meiste Wahlvolk. Da hat es doch auch sein Gutes, dass die Webseite der ICANN gerade so überlastet ist – kommt also eh kaum noch einer ins Wählerverzeichnis. Die ICANN will daran auch gar nix mehr ändern, sonst gehen noch alle Wähleradressen futsch, hat der Vater des Internet (mit bürgerlichem Namen Vint Cerf) gesagt. Speichern die die Wählerlisten etwa auf ihrer Website? Nun ja, die Amerikaner und der Datenschutz...

Wer soll uns also noch einholen, wo "I can!" uns schon zur grössten europäischen Wählergruppe gemacht hat. Kann eigentlich fast nichts mehr schief gehen, und dann können wir am Ende einen der sieben Deutschland-, pardon, Europa-Kandidaten auswählen, die die ICANN für uns gewählt hat. (Monika Ermert) (jk)