UN-Generalversammlung: Mehr KI für Gutes, keine KI für Schlechtes

Auch bei Künstlicher Intelligenz gibt es digitale Gräben. Unvorteilhaft, meinen alle Staaten in der UNO-Generalversammlung.​

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UN-Gebäude in New York, im Vordergrund Flaggen der Staaten Guyana bis Kenia (in alphabetischer Reihenfolge)

Der New Yorker UN-Sitz mit den Flaggen der Mitgliedsstaaten von Guyana bis Kenia

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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"Leverage the opportunities and address the challenges posed by artificial intelligence systems", steht auf Seite 8 einer Resolution der 78. UN-Generalversammlung vom Donnerstag (A/78/L.49). Zu Deutsch etwa: "die Chancen nutzen und die Herausforderungen angehen", die Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) mit sich bringen. Dieser Teilsatz könnte eine Zusammenfassung der gesamten Resolution sein. Über 120 Staaten haben daran mitgearbeitet. Herausgekommen ist ein Text, gegen den niemand sein kann, und der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen durch Konsensbeschluss angenommen wurde.

Initiiert wurde das Dokument im Herbst von den Vereinigten Staaten von Amerika, die den einhelligen Beschluss als Erfolg feiern dürfen. "Präsident Biden und ich haben uns dazu verpflichtet, internationale Regeln und Normen über aufkommende Technik aufzustellen und zu stärken", sagt US-Vizepräsidentin Kamala Harris anlässlich der verabschiedeten UN-Resolution, "weil Technik mit weltweiten Auswirkungen, wie zum Beispiel KI, weltweites Vorgehen erfordert".

Offiziell trägt das auch von der Bundesrepublik Deutschland unterstützte Dokument den Titel "Seizing the opportunities of safe, secure and trustworthy artificial intelligence systems for sustainable development". Zwei Dutzend Mal spricht sich der Text für sichere und vertrauenswürdig KI aus. Die Resolution schickt voraus, dass sie nicht der Weisheit letzter Schluss ist, denn der Bereich entwickle sich noch. Es brauche fortwährende Diskussion über angemessene, rechtmäßige, interoperable, agile, anpassbare und inklusive Zugänge zum Thema, die auf unterschiedliche Bedürfnisse und Kapazitäten von Entwicklungsländern und entwickelten Ländern eingehen. Und überhaupt gäbe es noch viel über die Technik zu lernen.

Dann geht es ans Eingemachte: Gleich zu Beginn wird beschlossen, digitale Gräben, auch bei KI, zu überbrücken, sowohl innerhalb als auch zwischen Ländern. Dazu beitragen soll die Förderung sicherer und vertrauenswürdiger KI-Systeme zwecks Beschleunigung des Fortschritts bei der Umsetzung der Agenda für nachhaltige Entwicklung.

Staaten, Stakeholder und überhaupt alle werden dazu ermuntert, gemeinsam Rahmen (frameworks) für sichere und vertrauenswürdige KI-Systeme auszuarbeiten und dann zu unterstützen. Ziel ist dabei ein "Ökosystem auf allen Ebenen", nicht zuletzt für Innovation, Unternehmergeist und die Verbreitung von Wissen und Technik.

Entwicklungsländer sollen unterstützt werden, damit auch sie von Digitalisierung und KI profitieren können. Erwähnt werden unter anderem Zugang zu leistbarer Technik und Forschung, die Dringlichkeit von Techniktransfers zu gemeinsam vereinbarten Bedingungen samt technischer und finanzieller Unterstützung, und generell Werbung für Entwicklung und Einsatz sicherer und vertrauenswürdiger KI.

Betont wird auch der Schutz von Menschenrechten und Grundfreiheiten während des gesamten Lebenszyklus eines KI-Systems. Offline-Rechte seien ebenso online zu schützen. Soweit KI-Einsatz im Einklang mit Menschenrechten nicht möglich sei, solle auf ihn verzichtet werden.

Es folgt eine Ermunterung zu vielen schönen Dingen, wie verantwortungsbewusste und inklusive KI-Innovation, wirksame, international interoperable Maßnahmen gegen Sicherheitslücken und Risiken schon vor dem Einsatz einer KI, die Einrichtung von Möglichkeiten für Rückmeldungen, damit Sicherheitslücken und Missbrauch gemeldet und bekämpft werden können, Information der Öffentlichkeit über Funktionen, Fähigkeiten und Einschränkungen angemessener KI-Nutzung, Datensicherheit und Datenschutz, Technikfolgenabschätzungen, Risikomanagement, Schutz gegen Diskriminierung, Aufsicht durch Menschen, unter Umständen Anspruch auf Überprüfung abträglicher automatisierter Entscheidungen durch Menschen, Unterstützung für KI-Systeme die sprachliche und kulturelle Vielfalt fördern, mehr Austausch von Information über KI, Erforschung der Vorteile und Risken, das Trachten nach Gleichstellung der Geschlechter und Rassen sowie von Menschen mit und ohne Behinderungen bei den Rahmenbedingungen für KI, internationale Kooperation bei der Erfassung der Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt, und anderes mehr.

Selbstredend haben die UN-Diplomaten darauf geachtet, ihren Regierungen keine Steine in den Weg zum Schlachtfeld zu legen: Die KI-Resolution gilt ausdrücklich nicht für KI im Militärbereich. Immerhin steht auf der Tagesordnung der nächsten Generalversammlung eine UN-Resolution zu "Tödlichen Autonomen Waffensystemen". Ein Konsensbeschluss dazu ist unwahrscheinlich. Schon im vorbereitenden Ausschuss haben unter anderen Russland und Indien dagegengestimmt.

(ds)