Supermarkt-Rallye-Auto im Test: Toyota GR Yaris

Seite 2: Die Alte Schule, ganz neu

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Es fängt an mit der Kombination Dreizylinder-Turbobenziner mit Sechsgang-Handschaltung. Da rührt man am kurzen Hebel, schnicks, Gang drin, und der Triple schiebt unten, hat in der Mitte Fleisch und dreht trotzdem oben gern heraus – die heilige Dreifaltigkeit des Reihendreizylinders, trotz des recht einfach gestalteten (dafür großen) Abgasturboladers. Kleiner Wermutstropfen: Toyotas Drehzahl-Synchronisierung iMT (nicht zu verwechseln mit Kias iMT) ist ein Komfort-Tool. Als Auto-Blipper à la Hyundai i30 N oder Porsche 718 Spyder ist es zu langsam. Schade.

Mit dem "Saauuund" meinte es Toyota etwas zu gut: Ein Akustikkoppler führt gefilterte Verbrennungsgeräusche auf die Lautsprecher in die Kabine. Das klingt zwar tatsächlich realistisch nach Dreizylinder, ich fordere jedoch auch an dieser Stelle noch einmal strenge Regulierung von Fake-Sound-Anlagen aller Art. Sonderabgabe für die Hörgeschädigtenforschung oder so. Der Akustikkoppler gehört zur Rückbank auf die Liste der Dinge, die man am besten sofort zwecks Gewichtserleichterung abschraubt. Nach außen zeigt auch dieses Turbo-Auto wieder einmal, dass ein Turbolader recht effektiv als Schalldämpfer Sekundärdienst tut.

Toyota GR Yaris innen (10 Bilder)

Innen wirkt es etwas eng, weil das Dach so niedrig hängt und mit ihm der Rückspiegel, der folglich wichtige Teile des Sichtfelds verdeckt, zum Beispiel den rechten Kurvenausgang.
(Bild: Toyota)

Der kleine Knubbelhebel der Handschaltung hat mich öfter in den fünften statt den dritten geführt beim Bummeln. Ich glaube, es liegt am Winkel der Schaltgassen zum Sitz. Auch mancher GR-Fahrer auf der Nordschleife hat sich da noch nicht ganz dran gewöhnt, geht man von der Geräuschkulisse aus. Hierzu werde ich gern noch Nachtests machen, denn ich suche sowieso bereits Ausreden, warum ich dieses Auto unbedingt noch einmal fahren muss. Eigentlich müsste ich es kaufen.

Abseits von Rennstrecken und der problematischen, oberflächlich rennstreckenähnlichen Landstraßen sind Sportwagen häufig etwas knifflig: zu breit, sehr tief, optimiert auf glatten, trockenen Asphalt. Als der Yaris da war, verabschiedete sich der Winter gerade: Temperaturen von 0 bis 6° C, Winterreifen, der erste Dreck der landwirtschaftlichen Frühjahrsarbeiten auf den Straßen. Es war perfekt – für ein Rallye-optimiertes Auto. Auf "Track" verteilt die Allradsteuerung das Motordrehmoment halbe-halbe auf beide Achsen. Das Auto schiebt dann erstaunlich brav über beide Achsen nach außen. Es bügelt die Buckelpisten des wintergerittenen Landstraßennetzes glatt. Es macht sogar sehr interessante Geräusche aus dem Allradantrieb, die mich entfernt an Godzilla erinnern, Nissans GTR.

Homologationsmodell mit echten Rallye-Credentials, das gerade deswegen irre Laune macht – und wir dachten, die Zeit solcher Autos sei vorbei! Nächste Saison (2022) will die WRC Hybridantriebe sehen. Vielleicht gibt es dann also einen GR-Yaris-Hybrid mit 9,5 Litern Verbrauch beim Bummeln statt 10 ...

(Bild: Toyota)

Und da kommt plötzlich alles zusammen: Ich kann mit diesem Auto auf der Rennstrecke trainieren. Ich kann jedoch auch kommod auf der Landstraße fahren, obwohl es nur drei Dinge gibt, die tatsächlich vom Yaris stammen (Lampen, Rückleuchten, Antenne). Vor allem jedoch kann ich mir das tatsächlich überlegen, denn dieses Auto fängt in einem Preisbereich an, in dem sich andere Hot Hatches bewegen, die wesentlich weniger hot sind. Ich lese hier, der normale Yaris sei das Auto des Jahres 2021. Der GR Yaris ist definitiv das Fahrerauto des Jahres.