Schweineherzen: Biotech-Firma plant Transplantationen bei Babys mit Herzfehlern

Seite 2: Chirurgische Komplikationen

Inhaltsverzeichnis

Bei Organtransplantationen kommt es auf die Größe an. Die Chirurgen achten darauf, die Größe des Spenderherzens an die des Empfängerherzens anzupassen. Pavianbabys sind klein, für sie sind nur Herzen von Schweinen im Alter von ein bis zwei Monaten geeignet, sagt Curtis. Nach der Transplantation sollen die Herzen mit den Pavianen mitwachsen.

Der erste Pavian, der ein Schweineherz erhielt, das knapp ein Jahr alt war, starb einen Tag nach der Operation. "Es war eine chirurgische Komplikation", sagt Curtis. Der intravenöse Schlauch, der den Pavian mit lebenswichtigen Flüssigkeiten versorgte, sei verstopft gewesen. Das Tier musste eingeschläfert werden.

Ein zweiter Pavian wurde ein paar Monate später operiert. Das Team stieß auf eine weitere chirurgische Komplikation: Diesmal gelang es den Chirurgen nicht, die Blutgefäße des Pavians mit denen in den Organen des Schweins zu verbinden. Der Pavian starb neun Tage nach der Operation.

In beiden Fällen "schlug das Herz selbst gut", sagt Curtis. "Bis jetzt sind die ersten beiden Fälle sehr ermutigend, was die Herzleistung angeht. Die Herzen sehen gut aus." Die Chirurgen, die die Operationen durchgeführt haben, seien zuversichtlich, dass sie die chirurgischen Komplikationen in Zukunft vermeiden können.

Sobald die Pavianstudie abgeschlossen ist, möchte das Team von eGenesis die Schweineherzen für menschliche Babys unter zwei Jahren anbieten, die mit schweren Herzfehlern geboren wurden. Für solche Kinder gibt es nur begrenzte Behandlungsmöglichkeiten. Denn menschliche Herzen in der richtigen Größe sind rar, und einige der Geräte, die zur Behandlung von Herzerkrankungen bei Erwachsenen eingesetzt werden, sind für kleine Kinder mit kleinen Herzen nicht geeignet.

Curtis hofft, dass die Schweineherzen zunächst als vorübergehende Maßnahme für solche Kinder eingesetzt werden könnten. Sie sollen den Kleinen mehr Zeit zu verschaffen, während sie auf ein gespendetes menschliches Herz warten. Sobald ein potenzieller Empfänger gefunden ist, kann das Unternehmen die Genehmigung für die Operation bei der US-Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) beantragen.

Ethiker weisen allerdings darauf hin, dass die Babys nicht in der Lage sein werden, ihre Einwilligung zur Operation zu geben. Diese Entscheidung wird von den Betreuern getroffen, die sich wahrscheinlich in einer schwierigen Situation befinden, sagt Syd Johnson, Bioethikerin an der Upstate Medical University in Syracuse, New York. "Das sind Eltern, die verzweifelt um alles kämpfen, was das Leben ihres Kindes retten könnte", sagt sie.

Bioethiker Gyngell vom Murdoch Children's Research Institute in Melbourne ist jedoch der Ansicht, dass man sich darauf konzentrieren sollte, wer am meisten von einem experimentellen Verfahren wie diesem profitieren kann. "Tatsache ist, dass pädiatrische Patienten einen größeren klinischen Bedarf haben, weil es für sie viel weniger andere Möglichkeiten gibt", sagt er.

Dem stimmt Montgomery, Direktor des NYU Langone Transplant Institute und selbst Empfänger eines gespendeten menschlichen Herzens, voll zu. Er unterstütze die Ziele von eGenesis. "Diese Babys mit angeborenen Herzfehlern haben eine Sterblichkeitsrate von 50 Prozent", sagt er. "Es ist wie ein Münzwurf, ob das Kind leben wird oder nicht."

Diese Argumentation zieht bei Johnson nicht. Der Eingriff ist riskant, und ein Kind, dessen Immunsystem das Organ abstößt, könnte darunter leiden, sagt sie: "Hundert Prozent der Patienten, denen ein tierisches Organ transplantiert wurde, sind [kurz nach dem Eingriff] gestorben – das ist einfach eine unausweichliche Tatsache." Auch David Bennett Sr., der letztes Jahr als erster lebender Mensch ein genverändertes Schweineherz erhielt, starb zwei Monate später.

Die Verwendung von Organen gentechnisch veränderter Tiere birgt weitere Risiken, sagt Johnson. Man wisse immer noch nicht, ob sich diese genetischen Veränderungen auf menschliche Empfänger auswirken könnten, insbesondere auf lange Sicht. "Der Wunsch, etwas zu tun, um diese [herzkranken] Babys zu retten, ist offensichtlich bei allen Beteiligten sehr stark", sagt sie. "Aber wir müssen ehrlich und transparent sein, was die Risiken angeht – und die sind bis zu einem gewissen Grad unbekannt."

Montgomery selbst hat erwachsenen Menschen, die für hirntot erklärt wurden, Organe von genmanipulierten Schweinen transplantiert. Diese Organe wie Nieren und, in einer unveröffentlichten Arbeit, Herzen – stammten von Schweinen, die von dem konkurrierenden Unternehmen Revivicor gezüchtet wurden. Es wurde 2011 von United Therapeutics übernommen. Die Experimente liefen nur zwei oder drei Tage, aber Montgomery plant, ein ähnliches Experiment mit Personen durchzuführen, die einen Monat lang nach der Transplantation untersucht werden sollen. Bislang "haben wir sehr gute Ergebnisse".

Er glaubt, dass kleine Kinder bessere Kandidaten für Schweineorgane sein könnten als Erwachsene, weil sich ihr Immunsystem noch entwickelt und daher weniger wahrscheinlich das Organ abstoßen wird. "Sie könnten durchaus ein gewisses Maß an Toleranz aufweisen", sagt er.

Ein dritter Pavian soll im August ein Schweineherz erhalten. Das Unternehmen plant, mindestens eine solche Operation pro Monat durchzuführen, bis 12 Tiere operiert worden sind. Die Teammitglieder hoffen, dass sie die chirurgischen Probleme beheben und den Pavianen ein längeres Leben ermöglichen können. Einige nicht-menschliche Primaten, die Nieren von gen-editierten Schweinen erhalten haben, haben bereits über ein Jahr überlebt, sagt Curtis. "Wenn man Pionierarbeit für etwas Neues leistet, ist die Lernkurve steil", sagt Montgomery.

(jle)